Winterruhe

Es gibt verschiedene Verfahren, die Tiere zu überwintern. Dabei muss man die Art der Überwinterung der grundsätzlichen Art der Haltung anpassen. Ich unterscheide zwischen folgenden Arten der Haltung:

Index Art der Haltung
A Haltung in einer Freianlage mit Schutzhaus. D.h. die Tiere werden nicht über Nacht in´s Haus geholt. Beispiel: Haltung meiner adulten Tiere.
B Haltung im Terrarium. D.h. die Tiere werden ganzjährig (1) oder im Herbst ab einem bestimmten Zeitpunkt im Terrarium gehalten.

Wichtig

(1) Vierzehen-Landschildkröten (Agrionemys horsfieldii) ohne Freianlage zu halten ist nicht empfehlenswert.

Winterruhe bei Haltung A

Beginn der Winterruhe Die Tiere stellen im September bei immer kühler werdender Witterung die Nahrungsaufnahme ein. Manche Tiere fangen an sich zu vergraben. Tiere, die diese Haltung gewohnt sind, entleeren ihren Darm ohne dass man sie baden muss. Im Gegenteil: Durch die kühle Aussentemperatur befindet sich der Organismus in der Vorbereitung auf die Winterruhe. Das Umsetzen in handwarmes Wasser ist purer Stress für das Tier. Spätestens im Oktober haben sich alle Tiere vergraben. Der Zeitpunkt, zu dem sich meine adulten Tiere endgültig in die Winterruhe zurückziehen ist von Tier zu Tier sehr unterschiedlich. Während mein jüngstes Weibchen meist schon im September nicht mehr zu sehen ist, läuft mein ältestes Weibchen noch Anfang Oktober bei 12°C fast täglich durch die Freianlage.
Umbetten 1) Tiere, die sich ausserhalb der Schutzhütte vergraben haben, bettet man in die Schutzhütte um. Das ist notwendig, weil unsere Witterung viel zu nass ist. Die Tiere können in der Schutzhütte bleiben wenn diese a) garantiert frostfrei, b) garantiert Ratten- und Mardersicher und c) garantiert trocken ist. Im Frühjahr muss man dann aber kontrollieren, ob sie sich bei einer Wärmeperiode ausgegraben haben und bei einer nachfolgenden Kälteperiode Frost bekommen können.
Oder
2) man bettet die Tiere in kaltes Substrat in eine Wanne um und stellt diese Wanne in einen Raum, der 2°C bis 10°C kalt ist. Bei Temperaturen über 10°C werden die Tiere wach bzw. verbrauchen zu viel Energie.
Ende der Winterruhe Während bei Haltung A der Beginn der Winterruhe durch die natürliche Witterung bestimmt wird, liegt das Ende der Winterruhe in ihrer Hand. Ich wecke meine adulten Tiere Anfang März indem ich die Überwinterungswannen in einen temperierten Raum (ca. 20°C) stelle und die Wärmelampen (60 W Strahler) in Betrieb nehme. Die Tiere werden nachdem sie wach sind (meist am 2. Tag) einmalig lauwarm gebadet. Alle Tiere fangen nach 1-2 Tagen an zu fressen.

Winterruhe bei Haltung B

Beginn der Winterruhe Bei Haltung B fehlt der natürliche äussere Anreiz zur Winterruhe. Die Übergangsphase zwischen Aktivität und Winterruhe muss künstlich simuliert werden. Ich stelle z.B. bei 1-2 jährigen Tieren ab 1.11. die Fütterung ein und entferne alles fressbare (Heu, trockene Futterreste) aus dem Behälter. Die Wärmestrahler bleiben wie gewohnt in Betrieb damit die Tiere weiter verdauen und ihren Darm entleeren. Ab 15.11. wird die Beleuchtungsdauer innerhalb einer Woche auf Null reduziert. Gleichzeitig wird die Temperatur auf 10°C < T < 15°C gesenkt. Wenn sie den Behälter in einem beheizten Raum stehen haben (z.B. Terrarium im Wohnzimmer), sollten sie die Tiere jetzt in eine Wanne umbetten und in einen unbeheizten Raum stellen. Am 01.12. werden die Tiere mit Laub bedeckt und kommen in den kalten Keller oder in den Kühlschrank, wenn sie die Kühlschrank Methode anwenden. In der Zeit vom 1.11. bis 30.11. wird die Darmentleerung durch 2-3 tägliches (nicht tägiges ;) Baden unterstützt.
Ende der Winterruhe Die Tiere werden Mitte März / Anfang April in einen temperierten Raum gestellt. Ich schalte gleich die Wärmestrahler ein. Diese sind in einer Ecke angebracht, sodaß die Tiere selbst die Temperatur wählen können.

Dauer der Überwinterung

Ich habe die meisten meiner Tiere vom Schlüpflingalter an aufgezogen und wie folgt überwintert. Bei der Dauer der Überwinterung gibt es sicherlich einen grossen Spielraum und andere Halter werden hier andere Werte angeben.

Überwinterung Haltung Dauer
1-3 B 14 Wochen, z.B. 01.11.-30.11. Vorbereitung, 01.12.- 15.03. Winterruhe
> 3 A 5-6 Monate, z.B. Oktober-März Winterruhe

Früher habe ich die Winterruhe je nach Alter der Tiere z.T. drastisch verkürzt. Das tue ich heute nicht mehr, siehe auch Wachstum.

0,1 Orange - Nach langer Suche in der Freianlage gefunden
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Sonderfälle

In den folgenden Fällen sollten sie mit einer verkürzten Winterruhe beginnen. D.h. vor der ersten Überwinterung mehrmals baden und beim ersten mal nur 8 Wochen überwintern. Die Länge der Winterruhe sollten sie dann von Jahr zu Jahr ausdehnen.

  • Ihr Tier hat noch nie eine Überwinterung gemacht (Sowas soll es ja geben) und sie wollen jetzt damit beginnen. Da ihrem Tier der natürliche Rythmus fehlt, müssen sie es (wieder) langsam daran gewöhnen. Es kann sein, dass das Tier während der ersten Überwinterung nicht richtig zur Ruhe kommt und immer mal wieder in der Wanne herumläuft. Machen sie jetzt nicht den Fehler, die Winterruhe abzubrechen.
  • Sie haben ein Tier neu erhalten und wissen nicht, ob und wie es bis jetzt überwintert wurde (Sowas soll es ja auch geben). Das Tier muss natürlich gesund sein.
  • Ihr Tier hat eine schwere Krankheit gehabt, die vollständig auskuriert ist. Wenn das Tier nicht vollständig gesund ist, sollten sie ganz auf eine Winterruhe verzichten.

Bemerkungen

  • Mir wird immer wieder erzählt: Mein Tier will nicht schlafen, deshalb schicke ich es nicht in die Winterruhe. Meine Meinung dazu: Jedes Tier kann überwintert werden, wenn man es wie oben beschrieben langsam daran gewöhnt und ihm die passenden Randbedingungen (Trockenes tiefes Substrat, T < 10°C, Ruhe) liefert. Die Tiere fallen nicht über Nacht in die Winterruhe, sondern werden nach und nach immer inaktiver. Ich glaube, das Hauptproblem in den Fällen, in denen die Tiere nicht ruhiger werden, ist eine zu hohe Temperatur.
  • Es wird auch immer wieder behauptet, dass Schlüpflinge im ersten Jahr oder in den ersten paar Jahren keine Winterruhe machen sollen. Diese Aussage hört man erstaunlicherweise auch von Tierärzten. Meine Meinung dazu:
    1) Schlüpflinge sind natürlich in der Lage eine Winterruhe zu halten, sonst wäre die Art im natürlichen Lebensraum ausgestorben, weil der Winter dort nicht ab und zu mal "ausfällt".
    2) Schlüpflinge brauchen die Winterruhe, um das Wachstum zu unterbrechen. Alle Tiere, die ohne Winterruhe aufgewachsen sind, sind zu schnell gewachsen. Ältere Tiere, die ich sah, hatten zudem oft noch erhebliche Wachstumsfehler, wobei hier häufig noch falsche Ernährung als Ursache hinzukam.
  • Alle oben gemachten Angaben basieren auf persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen bei Bekannten. Ich habe natürlich keine Versuchsreihen gemacht, um die optimale Dauer der Winterruhe herauszufinden. Ich habe auch keine Versuchsreihen gemacht, bei denen ich auf die Winterruhe verzichtet hätte, um die Abhängigkeit zwischen Winterruhe und Fortpflanzungsfähigkeit festzustellen (Werde ich auch nicht tun). Es gibt durchaus andere Methoden (z.B. Überwinterung im Kühlschrank), die mindestens genauso gut sind wie die Art und Weise, die hier beschrieben ist.
  • Ich hatte bei oben beschriebener Art der Überwinterung noch keinen einzigen Verlust während oder nach der Winterruhe.

Substrat

Ich verwende als Substrat zur Winterruhe nur Rindenmulch und zur Abdeckung Laub. Optimaler Rindenmulch ist äusserlich abgetrocknet, enthält im Kern aber noch etwas Feuchtigkeit. Er hat eine mittlere Strukturgrösse. Dadurch kommt immer genügend Luft an die Tiere.

müssen trocken überwintert werden! Jedes Material, das bei Trockenheit zu Staub zerfällt (z.B. Torf) ist als Substrat für die Winterruhe nicht geeignet.

Tipp

Es muss sichergestellt sein, dass die Temperatur des Substrates (nicht nur die Temperatur des Luftraums über dem Substrat) 2°C - 10°C kalt ist. D.h. Je mehr Substratvolumen sie verwenden, desto besser werden Temperaturschwankungen der Umgebung ausgeglichen. Verwenden sie deshalb immer soviel Substrat wie möglich.

Haltung ohne Winterruhe

Natürlich gibt es Vierzehen-Landschildkröten (Agrionemys horsfieldii) die jahrelang ohne Winterruhe erfolgreich (d.h. sie leben) gehalten und sogar zur Nachzucht gebracht werden. Aber: Viele Tiere (und Menschen) vermehren sich auch noch unter erbärmlichen Umständen. Ich bin der Überzeugung, dass Vierzehen-Landschildkröten (Agrionemys horsfieldii) die Aktivitätspause der Winterruhe benötigen um ihr maximales Wohlbefinden und ihr maximales Lebensalter bei maximaler Gesundheit zu erreichen.